zum Anastasia-Bericht im Bayrischen Rundfunk

Anmerkung: Im Buch „Das Neue Dorf“ habe ich neben vielen anderen Gruppen und Projekten auch auf die 10-bändige Buchreihe „Anastasia“ von Wladimir Megre aus Russland verwiesen. Durch diese sind in Russland etwa 25.000 Menschen aufs Land gezogen um dort vom Gartenbau und mit den Pflanzen zu leben.

Ich war sehr betroffen, dass in der Anastasia-Buchreihe des Russen Wladimir Megre antisemitisches Gedankengut enthalten sein soll. Zwar hatte ich nicht alle 10 Bücher Satz für Satz gelesen und auch schon vor etlichen Jahren, so etwas wäre mir aber sicher aufgefallen. Diese Aussage habe ich sinngemäß in einem nicht angekündigten Interview des BR unvorbereitet mit Überzeugung gemacht. Danach kamen mir ob des ganzen Aufwandes an Filmteam Zweifel, so dass ich einige entsprechende Stellen jetzt nachgelesen habe (allerdings ohne wirklich umfassende Recherche). Es gibt tatsächlich Textpassagen, die merkwürdige Zusammenhänge herstellen, die ich nicht nachvollziehen kann. Diese Textstellen hatte ich nicht vor Augen und habe diese mit meiner Äusserung auch nicht gemeint. Andererseits gibt es in den Büchern auch eine andere Sicht: Es geht dezidiert um die Lösung der Konflikte und Aufarbeitung der Anfeindungen, denen Juden seit langer Zeit ausgesetzt waren (sinngemäß nach Band 8.1: 138). Ein Lösungsansatz ist, dass gemeinsames oder nachbarschaftliches Gärtnern zum Verständnis von Menschen unterschiedlicher regionaler und religiöser Herkunft beitragen kann. Der Autor der Anastasia-Buchreihe sagt im  folgenden Zitat, warum er über Juden schreibt:

Übergriffe auf Juden finden seit Jahrtausenden statt, und ich bin in meinen Berichten immer bemüht, ausschließlich historische Fakten ohne eine subjektive Bewertung zu verwenden. Ich verfolge dabei nur ein Ziel – die Vermeidung des nächsten, in verschiedenen Ländern gleichzeitig geplanten großflächigen Übergriffs auf die Juden. Der nächste Pogrom kann wesentlich größere Ausmaße annehmen als der letzte Übergriff auf die Juden durch das nationalsozialistische Deutschland. Doch der nächste Angriff ist vorprogrammiert. Es gibt nur eine Rettung – ein ausreichendes Maß an Verständnis der Ursachen von früheren Pogromen und die rechtzeitige Einleitung von vorbeugenden Maßnahmen.“  (Band 7, Seite 103, Hervorhebung RO)

Es gibt die Anastasia-Bücher in hebräischer Übersetzung  in Israel.  Hier noch ein Zitat:

In Israel gibt es einen Klub, der aus Lesern der Bücher über die Sibirierin Anastasia besteht. Die Israelis verfassen in russischer Sprache und in Iwrith Lieder über die Helden der Buchserie Die klingenden Zedern Russlands. Ich bekomme allmählich den Eindruck, dass an der Spitze der Bewegung zur Verwirklichung von Anastasias Ideen Juden stehen werden, die andere Völker in diesem Bemühen anführen.“ (Band 8.1, Seite 138)

Ansonsten gibt es durchaus auch recht schräge Aussagen – die Bücher des russischen Autors Megre sind als Gespräch mit einer sibirischen Schamanian angelegt. Das sind Aussagen, die nach meinem Verständnis der Büchern entweder eine fiktive Gestalt betreffen oder durch Channeling der Schamanian Anastasia zustande kamen und in jeder Weise vom konventionellen Denken abweichen. Damit wird eine subjektive individuelle Sicht wiedergegeben. Da will und muss ich nicht mit allem mitgehen. Wenn ich eine Bewegung beschreibe und mit Menschen umgehe, die sich solchen informellen Gruppen zugehörig fühlen, stimme ich damit selbstredend nicht automatisch allen Aussagen in einer 10-bändigen Bücherreihe zu. Ich war und bin keiner Anastasia-Gruppe zugehörig, hatte aber bei Gruppen, die ich für integer hielt, Vorträge gehalten. Bei älteren Nennungen habe ich um sofortige Löschung gebeten. Es gibt Gruppen, mit denen ich den Kontakt abgebrochen habe. Mit dem Biohof Briechle im Allgäu arbeite ich mit der Familie Briechle im Sinne von Rainwater Harvesting, Humusaufbau und ländlicher Entwicklung zusammen und habe bisher keine diskriminierenden Äußerungen gehört. Selbstverständlich stimme ich bei einer Zusammenarbeit nicht allem zu, was die Projektpartner denken und sagen. Wenn es klare diskriminierende Äußerungen gibt, werde ich den Kontakt hier wie im anderen Kontexten abbrechen. Es gibt keine Zusammenarbeit mit der anderen im Film genannten Grupppe, der Name des Hauptakteurs war mir bisher nicht bekannt. In Zukunft prüfe ich genauer, wo ich aktiv werde und lehne jede Vereinnahmung ab.

Ich finde selbstverständlich alle negativen pauschalen Aussagen zu ganzen Glaubensgemeinschaften, Völkern oder Volksgruppen verwerflich und dumm, was eine Selbstverständlichkeit sein sollte und für eine große Mehrheit der Menschen im Anastasia-Umfeld nach meinen allerdings begrenzten Erfahrungen auch ist. Zu geschichtlichen Ereignissen gibt es naturgemäß unterschiedliche Sichtweisen besonders in unterschiedlichen Regionen der Welt. Wenn eine bestimmte Geschichtsschreibung von Ereignissen vor Jahrhunderten mit fehlenden Fakten als einzig korrekte angesehen wird, ist das recht naiv. Zugleich können natürlich keine historisch mit überprüfbaren Fakten gut belegten Ereignisse einfach geleugnet werden.

Wenn es Aussagen auf Grund von Fakten und nachvollziehbare Aussagen gibt, ist das Teil einer Diskussion. Wenn es um weit hergeholte Diffamierung im Sinne von „die finden eine Buchreihe gut, wo auch das hier drin steht“, frage ich mich: Cui bono? Wem nutzt es? Warum so ein Aufwand? Unterbindung lokaler Produktion, freieren Lebens auf dem Land? Den „offiziellen“ Religionsgemeinschaften, die in der Buchreiche nicht sonderlich gut wegkommen? Was sonst noch? Bei guter jounalistischer Arbeit, wie ich sie von Qualitätsmedien erwarte, wären auch die oben erwähnten Aussagen in den Anastasia-Büchern diskutiert worden. Wenn man mich als vehementen Kritiker der agrochemischen Vernichtung der gesamten Biosphäre und proponenten einer starken Lokalwirtschaft lächerlich macht, indem man dermaßen einseitig zitiert, fragt ich mich nach dem Sinn und Zweck dahinter. Eine solche sehr selektive Berichterstattung hatte es selbst in der OYA-Zeitschrift gegeben, war allerdings in den folgenden Heften mit einer differenzierten Auseinandersetzung  relativiert worden.

Man kann im Anastasia-Umfeld Menchen treffen, die absolut gläubig hinter allem stehen, was in den Büchern geschrieben wurde – was aber damit dem Inhalt der sehr freiheitlichen Büchern diametral wiederspricht. Ich selber erwähne die Anastasia-Buchreihe unter vielen anderen Ansätzen auf einigen Seiten in meinem Buch, wegen einger dogmatischer oder ideologischer „Vertreter“ auch mit einer kritischen Anmerkung dazu. Ab und zu habe ich Menschen mit wirren Ideen getroffen, den einen oder anderen Kontakt abgebrochen. So, wie es das auch in anderen Gruppen besonders bei jungen Menschen gibt. Der offene und suchende Mensch kann sich entwickeln und lernen, dafür sind wir in Diskussion.

Bei meinen Vorträgen im Umfeld von Anastasia-Gruppen habe ich viele junge Leute mit sehr positiver Ausstrahlung getroffen, die ebenfalls dogmatische Auslegungen ablehnen. Weit überwiegend finde ich aktive und interessierte Leute, die sich auch im konkreten Handeln für eine bessere Zukunft engagieren. Dafür tut mir eine pauschale Diffamierung gerade der aktiven Menschen weh. Vielleicht wird daraus auch eine Lernerfahrung in realer Lebenswirklichkeit, den vielen Dogmen in einer Gesellschaft, die in Summe gerade unseren Planeten zerstört?

Ralf Otterpohl

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